Unermüdlicher Abwehrrecke mit Neigung zum Weltenbummeln
Von Thomas Holzapfel
Im Zusammenhang mit einem aktiven Sportler von Fossil zu reden, widerspricht wohl jeglicher korrekten Definition dieses Begriffs. Doch schon zu seinen Zeiten in der Herrenberger Tischtennisabteilung wurde Routinier Horst Grünewald, was durchaus respektvoll und eher liebevoll gemeint war, mit diesem Terminus in Verbindung gebracht. Unbestritten ist: Der unermüdliche Tischtennis-Weltenbummler aus Gäufelden, der am kommenden Mittwoch stolze 80 Jahre alt wird, kann auf eine erlebnisreiche und zudem äußerst erfolgreiche Tischtennisvergangenheit zurückblicken.
Eigentlich wollte Horst Grünewald, aktuell beim SV Rohrau in der Bezirksklasse aktiv, um die Jahrtausendwende mit dem Tischtennissport aufhören. Sozusagen zum „krönenden Abschluss“ meldete er sich im Jahr 2000 bei den Senioren-Weltmeisterschaften in Vancouver/Kanada an, verknüpfte dies mit einer faszinierenden Urlaubsreise quer durch die Rocky Mountains – und war fortan vom Reisevirus infiziert. Alljährlich wechseln sich Welt- und Europameisterschaften ab, der unermüdliche Abwehrrecke war seitdem immer an den Tischen dieser (Tischtennis)-Welt aktiv. So war es nicht nur der Mannschaftssport, der bei dem Gäufeldener im Laufe einer Saison im Fokus stand, vielmehr wurde dem Einzelsport bei der Teilnahme an zahlreichen nationalen und internationalen Turnieren ein ebenso großer Stellenwert beigemessen. Was bis heute der Fall ist.
Rückblende: Als Zehnjähriger absolvierte Horst Grünewald beim TB Ruit auf den Fildern seine ersten Tischtennisballwechsel, drei Jahre später wechselte er zur TG Esslingen, wo er im Jugendbereich diverse Bezirksmeistertitel einheimste und mit der Nachwuchsmannschaft württembergischer Pokalsieger wurde. Der Sprung ins Aktivenlager erfolgte dann beim SV Sillenbuch, später wechselte er nach Rommelshausen. „Mit dem damaligen österreichischen Meister Helmut Mörth schafften wir es bis in die Oberliga, wo wir in der Saison 1974/1975 einen guten vierten Platz belegten“, erinnert sich Horst Grünewald nicht ohne Stolz. Über Ditzingen (Landesliga) und noch einmal Rommelshausen zog der gelernte Rundfunk- und Fernsehtechniker ins Gäu, wo 1982 der VfL Herrenberg seine erste Tischtennisadresse war. Seit mittlerweile sechs Jahren ist Grünewald eine feste Größe beim SV Rohrau, die sowohl in der ersten Mannschaft als auch bei den Senioren kaum eine Partie ausließ.
Mit seinem unangenehmen Defensivspiel, das sich auch auf Grund des Schlägerbelagmaterials für die Gegner oftmals zu einer unüberwindlichen Hürde entpuppt, konnte Grünewald im Laufe vieler Tischtennisjahre große Erfolge erringen. „Bei den Europameisterschaften 2001 im dänischen Aarhus konnte ich gegen den amtierenden Senioren-Weltmeister Dieter Lippelt die Oberhand behalten, 2018 in Las Vegas gewann ich gegen Kwing Yin Lau aus Hongkong, der früher auch schon Weltmeister war“, nennt Grünewald zwei Glanzmomente. Drei Mal gewann der Abwehrhüne die Internationalen Club-Mannschaftsmeisterschaften für Deutschland, fünf Mal wurde er württembergischer Seniorenmeister (zwei Mal im Einzel, drei Mal im Doppel), ganz oben auf dem Treppchen landete er zudem bei den Internationalen Meisterschaften in Luxemburg (2006, 2008) sowie bei renommierten Turnieren in Erdmannhausen, Trier und Ruhpolding. Internationale und zugleich unvergessene Turnieradressen waren Helsingborg, Courmayeur, Rio de Janeiro, Hohhot (China) und das neuseeländische Auckland.
„Ich denke, die früheren Jahre mit viel Lauftraining und dem Extraengagement bei zahlreichen Turnieren, verbunden mit meinem unangenehmen Abwehrspiel, sorgen dafür, dass ich in meiner Altersklasse immer noch für die Gegner gefährlich bin“, sagt Grünewald, befragt nach dem Patentrezept einer solch langen Sportlerkarriere. Trotz des inzwischen reiferen Alters und dem einen oder anderen Wehwehchen („auf Grund von Schmerzen im Bein bin ich derzeit in meinem Bewegungsablauf etwas eingeschränkt“) hat Horst Grünewald durchaus noch sportliche Ziele. „Allzu gerne würde ich bei einer Europa- oder Weltmeisterschaft mal eine Medaille gewinnen, bislang reichte es nur zu fünften Plätzen im Einzel oder Doppel.“
Der Gäufeldener, der in den vergangenen tischtennisfreien Monaten zusammen mit seiner Gattin zahlreiche Ausflüge in der näheren Umgebung unternahm und sich im Keller auf dem Hometrainer fit hielt, möchte im kommenden Jahr wieder auf Turnierebene durchstarten. Im Januar 2021 stehen die baden-württembergischen Meisterschaften auf dem Programm, zudem soll im Frühjahr die WM in Bordeaux nachgeholt werden. Bis das „Fossil“ wieder den Schläger in die Hand nimmt, werden wohl noch ein paar Tage vergehen, vielmehr steht nun der Jubilar selbst im Vordergrund. Im Kreise zahlreicher Verwandten und Tischtennisfreunde wird nun erst einmal der runde Geburtstag gefeiert.