Im Mittelpunkt zu stehen ist eigentlich so gar nicht die Art von Sönke Geil. Seit jeher lässt der Sportdirektor der ARGE Leistungssport Baden-Württemberg lieber die Taten im Hintergrund folgen. Oder eben an der Seite - als Trainer an der Bande, wenn es darum geht, die Talente entsprechend auf die Gegner einzustellen. Ein bisschen flau dürfte es dem 65-jährigen in der Magengegend gewesen sein, als er von seinem Trainerteam, vom Präsidium und zahlreichen langjährigen Wegbegleitern bei einem gemeinsamen Abendessen in den Ruhestand verabschiedet wurde. In der umfangreichen Tischtennis-Vita des gebürtigen Flensburgers schließt sich in diesen Tagen ein weiteres der zahlreichen Erfolgskapitel.
„Ich habe eigentlich gedacht, dass ich mal in Sizilien lande“, sagt Sönke Geil und verweist auf die Zeiten, in denen sich seine Trainertätigkeiten mehr und mehr in den Süden verlagerten. Was für einen Süd-Dänen, wie er sich mal titulierte, doch eher außergewöhnlich ist. In der Jugend selbst am Tisch erfolgreich, schaffte er es im Norden der Republik mit seinem damaligen Klub, dem TTC Ramsharde Flensburg, bis in die zweite Liga, wo er dann auch als Spielertrainer aktiv war. „Damals spielte man durch die räumliche Nähe viele Turniere in Dänemark“, sagt Sönke Geil, der mehr und mehr in die Trainerrolle hineinwuchs und 1983 mit dem Kieler Verein TSV Kronshagen die deutsche Mannschaftsmeisterschaft der Damen bejubeln durfte. Bereits mit Anfang 20 absolvierte Sönke Geil seine Trainer-A-Lizenz-Ausbildung.
Über Damen-Bundesligist Saarbrücken (1984) verschlug es ihn dann Ende der 1980er Jahre „der Liebe wegen“ nach Esslingen. Fortan wollte er sein Engagement im Tischtennissport eigentlich reduzieren, um sich auf das Studium zu konzentrieren, doch die Anfragen namhafter Vereine ließen nicht lange auf sich warten. So konnte er dem Angebot, Honorartrainer des luxemburgischen Tischtennisverbands zu werden, nicht widerstehen. Im Tischtennisbezirk Böblingen wurde nach dieser Zeit ebenso auf die Dienste des Nordlichts gezählt wie beim Tischtennisverband TTVWH, wo er über die damalige Landestrainerin Sabine Bötcher zu einem Halbtagesjob kam – parallel betreute er den Bundesligisten SSV Reutlingen, später auch den TSV Sontheim und die SV Böblingen, mit der die Liaison bis zum vergangenen Wochenende währte. Da bestritten die Böblingerinnen, die nunmehr ihr Team aus den Bundesligen abmeldeten, ihr vorerst letztes Heimspiel im Oberhaus (3:6 gegen Bingen) – mit Trainer Sönke Geil, der sich wie viele andere dem Hauch von Wehmut, der durch das Böblinger Tischtenniszentrum wehte, nicht entziehen konnte.
Seit 1993 als Landestrainer in Diensten des Tischtennisverbandes aktiv, übernahm Sönke Geil im Jahr 2008 das Amt des Sportdirektors. Ein Amt, das es zuvor so noch gar nicht gab. „Erstmals wurde eine gewisse Hierarchie geschaffen“, erzählt Sönke Geil, „es galt nicht nur zu koordinieren, sondern auch zu bestimmen.“ Eine Rolle, mit der sich der Beförderte erst einmal anfreunden musste. Und die ihm keineswegs auf den Leib zugeschnitten war. Vielmehr versuchte er in all den Jahren immer den Kontakt zur Basis aufrechtzuerhalten. „Er wollte nie irgendetwas darstellen, er war einfach eine Type mit der ihm eigenen Art, keiner von der Stange“, bringt es sein langjähriger Trainer-Weggefährte und Freund Volker Ziegler auf den Punkt. Andere aus Trainerkreisen behaupten, er sei immer mehr Trainer als Sportdirektor gewesen, habe dementsprechend immer sein Herz in der Halle gelassen. Da kann Sönke Geil nicht widersprechen: „Ich habe mich vom Job her immer als Trainer gefühlt“, sagt er heute, „das andere kam dazu und war zuweilen recht umfangreich.“
Während seiner Zeit als Sportdirektor errang das baden-württembergische Nachwuchsteam von 2012 bis 2017 sechs Mal hintereinander den Gesamtsieg beim prestigeträchtigen Deutschlandpokal. „Der Deutschlandpokal ist das Spiegelbild der Arbeit im Verband“, sagte der stellvertretende Horst Haferkamp in seiner kurzen Laudatio, „hier hast du zusammen mit deinem Trainerteam tolle Erfolge erzielt.“ Wie schon 2015 erhielt Sönke Geil auch im vergangenen Jahr die Auszeichnung „Trainer des Jahres“ vom Verband Deutscher Tischtennistrainer. „Vermutlich für mein Lebenswerk“, meint er gewohnt nordisch unterkühlt.
Nun, mit dem Eintritt ins Rentenalter, geht es für Sönke Geil, der lange in Böblingen und zuletzt in Weil der Stadt wohnte, zurück zu den Wurzeln. „Ich kann zwar perfekt schwäbisch-passiv, wollte mir die Sprache selbst aber nie antun, da sie von einem Nordlicht wie mir schrecklich klingt“, sagt Sönke Geil, der nach eigenem Bekunden keineswegs nach dem Motto „Bloß weg hier“ die Zelte abbricht. Vielmehr habe er seiner Frau Regina versprochen, nach Beendigung der Arbeit wieder in den Norden zu ziehen. Mitte April geht es für die beiden – mitsamt Hund – in die Nähe von Kiel, dort, wo auch die Verwandtschaft wohnt. „Das Klima dort oben liegt mir eher, hier im Schwabenland ist es mir zu heiß“, sagt Sönke Geil und lächelt verschmitzt. Auch wenn Sizilien ja noch ein ganz schönes Stück entfernt ist.