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Hintergrundberichte   Pressemitteilung  

Stellvertretender Präsident Horst Haferkamp wird 75 Jahre alt

„Zufrieden sein mit dem, was man hat“

ORTENAU. Kein Zweifel: Wie kaum ein Zweiter hat er südbadische Tischtennis-Geschichte geschrieben, ob als langjähriger Funktionär oder als Trainer einer Zweitbundesliga-Mannschaft. Seit der Fusion des Verbandes mit dem viel größeren von Württemberg-Hohenzollern dient Horst Haferkamp dem größeren Gebilde, den vielen Vereinen und seiner Sportart als stellvertretender Präsident. Man mag es ob seiner Agilität kaum glauben: Am 26. April wird der Ortenauer 75 Jahre alt. Hubert Röderer hat mit ihm Bilanz gezogen. Seit Jahrzehnten miteinander bekannt, war es ihnen wichtig, beim vertrauten „Du“ zu bleiben.

 

Du wirst stolze 75: Man darf gewiss davon ausgehen, dass Horst Haferkamp weiterhin sein Wissen und Engagement dem Tischtennisland Baden-Württemberg zur Verfügung stellen wird.

Haferkamp: Ja, das werde ich tun. Aber mit 75 ist die Zeit, in der ich das noch tun werde, überschaubar.

 

Viele Vereine und Verbände klagen, dass bereits 50-, ja 40-Jährige nicht mehr bereit sind, sich in den Dienst der Allgemeinheit zu stellen, und ihre Funktionärstätigkeit an den Nagel hängen. Wie lässt sich dies abstellen?

Haferkamp: Das ist leider eine immer wiederkehrende Frage, auf die es sicherlich keine Antwort gibt, die für alle gilt. Ich glaube, einer der Gründe ist, dass Funktionäre, haben sie sich erst mal zur Verfügung gestellt, mit immer mehr Ämtern belastet werden und dadurch schneller die Lust verlieren. Ein weiterer Grund ist gewiss auch, dass das berufliche und private Umfeld sich in den letzten Jahren nicht zum Wohle des Ehrenamts verändert hat.

 

Wie kann man dem Trend der Zeit entgegenwirken?

Haferkamp: Ich denke, dass man immer mehr von alten Strukturen wegkommen muss - hin zu Teamarbeit, bei der einer den anderen motiviert.                        

            

Wie viele Stunden investierst du selbst heute noch in dein Ehrenamt?

Haferkamp: Das ist unterschiedlich - je nachdem, was gerade anliegt. Ich denke, dass es im Schnitt zehn Stunden in der Woche sind, wobei noch die Sitzungen dazukommen.

 

Nicht nur die Zahl der Verantwortlichen geht zurück. Auch die Zahl der Sportlerinnen und Sportler zeigt in vielen Sportarten, nicht nur coronabedingt, eher nach unten:  Welche Empfehlungen hat der Tischtennisverband parat, um den Trend aufzuhalten?

Haferkamp: Wir versuchen auf der Ebene der Sportentwicklung, die von meinem ebenfalls aus Südbaden stammenden Kollegen Stefan Schweiß hervorragend organisiert wird,  Angebote auf verschiedenen Ebenen für die Vereine zu entwickeln. Auch das Thema Minimeisterschaften, ein Angebot, das es seit vielen Jahren gibt, wollen wir wieder pushen. In der Sportentwicklung greift momentan ein Rad ins andere.

 

Sind Fusionen unter kleineren Vereinen anzuraten, um wenigstens noch ein Mindestmaß an Mannschaften halten zu können – oder verzögern sie letztlich bloß eine hartnäckige Negativentwicklung?

Haferkamp: Das kann man nicht pauschal beantworten. Meiner Ansicht nach lohnt es sich immer, einen Verein am Leben zu erhalten. Gelingt das nicht, ist eine Fusion natürlich anzuraten. Ob dadurch eine Negativentwicklung aufgehalten werden kann, vermag ich nicht zu sagen.

 

Du warst einer der Initiatoren und Wegbereiter der Fusion auf Baden-Württemberg-Ebene. Kannst du guten Gewissens sagen, dass diese ein Erfolg geworden ist?

Haferkamp: Ja, das kann ich. Mir war seit Beginn der Fusionsgespräche, die immer auf Augenhöhe verliefen, klar, dass das auf Dauer der einzig vernünftige Weg ist. Leider haben sich unsere Freunde aus Baden – also jene aus Nordbaden - gegen diesen Schritt entschieden. Ich hoffe, dass man aber auch dort zeitnah erkennen wird, dass ein gemeinsames Vorangehen der richtige Weg ist.

 

Der kleine südbadische Verband (STTV) hat sich unter das Dach eines gemeinsamen, deutlich größeren Verbandes begeben. Es gab, wie immer in solchen Fällen, sehr wohl den einen oder anderen Kritiker, der schwarz gesehen hat. Was hältst du denen mit den inzwischen gemachten Erfahrungen entgegen?

Haferkamp: Ich musste wenig Kritikern etwas entgegenhalten. Wir konnten beim zweiten Versuch der Fusion vor wenigen Jahren - der erste war ja 1995 gescheitert - bei der Abstimmung 100 Prozent Zustimmung erreichen. Eine klare Aussage. Dennoch möchte ich an dieser Stelle sagen, dass die Erfahrungen genau das wiedergegeben haben, was wir von der Fusion erwartet haben: eine starke Hauptamtlichkeit und viel Knowhow im großen Verband. Was dabei ganz wichtig ist: dass wir ‚alten‘ Südbadener mit drei Vizepräsidenten im siebenköpfigen Präsidium vertreten sind.

 

Die Geschäftsstelle des damaligen STTV in Appenweier war für viele „Kunden“, also Vereinsvertreter, eine wichtige Anlaufstelle: Wie schwer haben die sich getan, sich neu in Richtung Stuttgart zu orientieren?

Haferkamp: Wie wir ja alle wissen haben sich die Zeiten extrem verändert. Schon in den Jahren vor der Fusion gab es in der STTV Geschäftsstelle nur noch ganz wenig persönlichen Besuche. Das meiste lief schon über E-Mail oder Telefon. Mein Gefühl sagt mir:  Für unsere Vereine war es keine große Umstellung.

 

Auch wenn es schon Jahrzehnte her ist: Dein Name fällt - sehr wohl in positivem Kontext - auch immer wieder im Zusammenhang mit der DJK Offenburg und deren einst großen Erfolge in der 2. Bundesliga der Herren. Was bedeutet dir persönlich diese Zeit noch?

Haferkamp: Das war für mich die spannendsten und schönsten Zeiten meines Lebens im sportlichen Bereich. Fünf Jahre Trainer dieses Top-Teams sein zu dürfen, mit den Spielern in einem an Spannung nicht zu überbietenden     Entscheidungsspiel den Sprung in die eingleisige Zweite Bundesliga zu schaffen: Das wird mir immer in Erinnerung bleiben.

 

Bist du mit Spielern von damals noch in Kontakt?

Haferkamp: Ja, mit allen Jungs der damaligen Mannschaft habe ich heute noch Kontakt. Bis zur Corona-Zeit haben wir einmal jährlich einen gemeinsamen Abend miteinander verbracht.

 

Du warst auch stets einer, dessen Name bei der Erwähnung des TTC Renchen fiel und immer noch fällt, bei dem du dich ebenfalls über viele Jahre eingebracht hast. Lässt es dir deine Zeit noch zu, auch im Heimatverein noch irgendwie aktiv zu sein?

Haferkamp: Sportlich aktiv leider nicht mehr, aber da ich beim Macher des TTC Renchen im Haus wohne, bin ich immer über alles, was so im Verein passiert, bestens informiert. Bei den Heimspielen der ‚Ersten‘ lasse ich mich immer mal wieder sehen.

 

An welche Tischtennis-Ereignisse, egal auf welcher Ebene und zu welchem Anlass, wirst du dein Leben lange gerne denken?

Haferkamp: Oh, da gibt es einige. Dazu gehört sicherlich das oben schon erwähnte Entscheidungsspiel, bei dem ich als Trainer involviert war. Nicht missen möchte ich auch die Weltmeisterschaft 2017 in Düsseldorf, bei der ich einige Tage anwesend war. Aber auch bei den rund 30 Deutschen Meisterschaften, die ich besucht habe, gab es viele Topspiele.

 

…und über welche Ereignisse deckst du lieber den Mantel des Schweigens?

Haferkamp: Da fällt mir an sich nur meine eigene aktive Spielerkarriere ein, die leider nicht von Erfolg gekrönt war.

 

Was macht denn ein Horst Haferkamp, wenn er mal nichts mit Tischtennis im Sinne hat?

Haferkamp: Da gibt es einiges. Ich bin seit mehr als 30 Jahren in einem Kegelclub, golfe ab und zu mit mehr oder weniger Erfolg, aber viel Spaß, bin ein leidenschaftlicher Sauna-Gänger. Vor allen Dingen aber reise ich gerne und habe schon einiges von der Welt gesehen.

 

Und wie wirst du deinen 75-er verbringen? Mit einer Präsidiumssitzung? Oder doch eher in geselliger Runde?

Haferkamp: Alles, was recht ist: sicherlich nicht mit einer Präsidiumssitzung (lacht). Wie ich gehört habe, wird der Verband eine kleine Feier organisieren. Den Tag werde ich natürlich in der Hauptsache im Kreise meiner Familie und mit hoffentlich vielen Bekannten begehen.

 

Wie kann man Dir zum 75-er eine große Freude bereiten?

Haferkamp: Dass ich diesen Tag und das Zusammenfeiern mit guten Freunden, das noch folgen wird, bei einem guten Glas Wein und einem guten Essen verbringen darf: Das ist mir Freude genug. Wenn man sieht, was für Grausamkeiten momentan auf dieser Welt passieren, sollte man Demut zeigen und zufrieden sein mit dem, was man hat.    

Zur Person:

Horst Haferkamp wurde am 26. April 1947 in Offenburg geboren. Mittlere Reife, Ausbildung zum Chemielaborant, seit 1992 selbständiger Versicherungsfachmann. Zwei Söhne im Alter von 42 und 46 Jahren. Seit 1981 in allen möglichen Ehrenämtern im Tischtennis tätig, von 1999 bis 2019 als Präsident des damaligen Südbadischen Tischtennisverbands. B-Trainer-Lizenz, von 1986 bis 1991 Trainer der DJK Offenburg (2. Bundesliga).

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