Mitglieder für Vereine zu gewinnen – es gibt viele Wege zu diesem Ziel. Manche Klubs veranstalten einen Tag der offenen Tür, andere ein Turnier, werben an Schulen oder führen sogar ein Jahr lang eine Schul-AG durch usw. … Bewertet an all diese Aktionen im Hinblick auf die Erfolgsquote, sprich „wie viele Kinder bleiben denn im Verein?“, so kommt man im Sinne eines solchen „Controlligs“ an einer Maßnahme nicht vorbei: Schnupperkurse für Anfänger. Wir haben uns mit Johannes Siegle, Jugendleiter des TTV Zell (Bezirk Staufen), unterhalten. Der Erfolg gibt dem Verein recht. „Über zwei Drittel der Teilnehmer bleiben dabei!“, sagt Siegle. Dafür sorgt auch eine klare Struktur vor und nach dem Schnupperkurs.
Es ist eine echte Erfolgsgeschichte. Corona schloss im März 2020 die Sporthallen. Als sie wieder öffneten, war die Halle in Zell wie leergefegt: keine Kinder, keine Perspektive. Der TTV Zell und seine Verantwortlichen aber schauten nach vorne und handelten: Im September 2021 begann ein Schnupperkurs für Kinder: 6 Termine in 3 Wochen á 1,5 Stunden. Man orientierte sich dabei am 10-wöchigen Schnupperkurs des DTTB. Holger Tischer und sein Trainerteam hatten geladen und (fast) alle kamen. Dazu Johannes Siegle, Jugendleiter der Abteilung: „24 Mädchen und Jungen spielten in diesen drei Wochen bei uns.“ Das Tischtennis-Einmaleins wurde von der Pike auf gezeigt. Der Deutsche Tischtennis-Bund erläutert in einer Übungsanleitung: „Der Schnupperkurs gibt einen Einblick in den Tischtennissport und dessen Trainingssystematik, von der Faszination des Balles über Beinarbeit und moderne Schlagtechniken bis hin zum ersten Wettkampf. Er ist ein Sportangebot, das im Trend unserer Freizeitgesellschaft liegt: unverbindlich, überschaubarer Zeitaufwand, enormer Fun-Faktor und moderne Methodik.“ Ein niedrigschwelliges, kompaktes Angebot also - oder aus der Sicht des Vereins und der Kinder betrachtet: Jeder kann nach kurzer Zeit gut entscheiden, ob man dabei bleibt.
Entscheidender Vorteil des Schnupperkurses: Alle Kinder waren immer auf dem gleichen Leistungsstand. Das führte dazu, dass viele dabei blieben. Siegle: „Wir hatten eine echt gute Quote, 70 % sind immer noch dabei.“ Und wie kamen die Kinder überhaupt zum Schnupperkurs? „Davor haben wir eine Schul-Aktion in der Grundschule Zell organisiert - einen Vormittag, je eine Sportstunde in den Klassen 1 – 4.“ Allen, die das Modell selbst auf den Weg bringen wollen, empfiehlt Siegle dringend: „Vorab haben wir schon Flyer verteilt, wie es danach weitergeht. Die Kinder konnten auch schon sehen, wie die Vereinsspieler zeitgleich in der Halle trainieren. So war die Überleitung einfach und damit gewährleistet. Die Kinder haben wir dann nach dem Schnupperkurs gebündelt und leistungsgerecht in die anderen Trainingsgruppen verteilt.“
Der Erfolg für den Wettkampfsport und die Mitgliedergewinnung und den Wettkampfsport war grandios für den TTV Zell: „Zwei Jungen 12-Teams und ein Mädchen-Team konnten wir neu melden, ein Junge spielte gleich im Jungen 15-Team“, bilanziert Siegle stolz. „Insgeamt sind es sogar 15 Kinder aus dem Schnupperkurs, die immer noch regelmäßig spielen.“ Da kann man nur mit Respekt gratulieren! Auch der Schnupperkurs 22/23 setzte die Geschichte fort. Zwar reduzierte sich die Teilnehmerzahl auf 10, jedoch "sind unsere Kapazitäten inzwischen auch an der Grenze", wie Siegle einschränkt. „Der eine oder andere wird aber in der Rückrunde ins Mannschaftsgeschehen eingreifen.“
Welche Erfolgskriterien sieht Johannes Siegle mit dem Rückblick auf jetzt zwei Schnupperkurse neben der Bewerbung und der Durchführung eines Aktionstages vor dem Kurs? „Das Folgeprogramm ist ganz wichtig. Zwischen dem Kurs und dem Liga-Betrieb mit leider nur wenigen Mannschaftsspielen halten wir für entscheidend, die Kinder an den Wettkampf heranzuführen. Tischtennis sollte als Sport platziert werden. Da bietet sich z. B. ein Turnier im Schweizer System an. Wir haben zusätzliche Wettkampfangebote am Wochenende auf die Beine gestellt, niemand wurde aber gezwungen, mitzuspielen.“ Darüber hinaus schauen die Verantwortlichen des TTV Zell über den Tellerrand hinaus: „Es geht um Integration. Die Kinder in Gruppen bündeln, ist das eine, die Eltern mitzunehmen durch Aktionen, einen Jugendausflug, einen Eltern-Nachmittag und das Angebot des Tischtennis-Sportabzeichens, das andere.“ Kurz gesagt: Der TTV Zell bietet ein vielfältiges Angebot. Und das fällt ganz offensichtlich auf große Nachfrage …
Wie geht es in Zukunft weiter? Johannes Siegle dazu ganz klar: „ Wir wollen das Programm mit dem Schnupperkurs jedes Jahr fortsetzen. Es geht um kontinuierliche Jugendarbeit. Eventuell bieten wir sogar in der Rückrunde einen zweiten Kurs an, dann in einer anderen Schule.“ Der Aufschwung in der Jugendarbeit soll also keine Eintagsfliege beim TTV Zell bleiben.
Welchen Tipp kann Johannes Siegle anderen Vereinen zur Nachahmung geben? „Wir können jedem empfehlen, in Kombination Schul-Tag plus Schnupperkurs neue Mitglieder zu gewinnen. Da entsteht insgesamt eine große Dynamik. Und dann gilt es, kontinuierlich dranzubleiben.“ Ihm ist aber auch klar: „Es müssen immer die eigenen Kapazitäten berücksichtigt werden.“ Dabei denkt er an Hallenzeiten und vor allem Trainer-Personal als limitierenden Faktor. Der TTV Zell hat all dies bedacht, sein Programm passend gestaltet – und den Schnupperkurs als Qualitäts- und Erfolgsmerkmal entdeckt.
DTTB-Homepage: Schnupperkurs mit Anleitung und Tipps
gez. Thomas Walter