Eine Berichterstattung von den Special Olympics World Games Berlin 2023, mal von einer ganz anderen Seite. Bei der weltweit größten Sportveranstaltung dieses Jahres mit 7.000 Athleten aus fast 200 Ländern in 26 Disziplinen wurden vier TT-Schiedsrichter aus Baden-Württemberg akkreditiert:
1. Klaus Rauber (Baden-Baden)
2. Alexandra Schock (Mosbach)
3. Michael Schmolke (Ludwigsburg) und
4. Karol Chlebana (Stuttgart)
Mein Einsatz bei einem Spiel mit deutscher Beteiligung von Günther Ritschel, Superstar der Tischtennis-Szene, wurde sogar vom ZDF mit einer Großaufnahme gewürdigt und am 23.06.2023 in der Sendung "Sport im Zweiten" ausgestrahlt. Aus meiner Zeit in Berlin habe ich eine menschliche Story zum Nachdenken parat, die mich persönlich zu Tränen berührt hat und vielleicht auch veröffentlichungswürdig sein könnte.
Es handelt sich dabei um eine authentische Geschichte über zwei bewunderungswerte, mehrfachbehinderte Jungs: Hannes (Deutschland) im Rollstuhl und Jonas (Slowakei) mit Down-Syndrom, die sich zu einer Partie am olympischen Tisch gegenüber standen.
Beim o. g. Spiel Deutschland - Slowakei hatte man mich eigentlich nicht einsetzen dürfen, weil ich parteiisch werden könnte... aber der slowakische Junge Jonas mit dem Down-Syndrom war sooo nett...
Wie gesagt: Der deutsche Hannes hat im Rollstuhl gesessen und nur eine Hand zur Verfügung gehabt, sodass er bei der Angabe auch noch den Ball mit der schlagenden Hand (mit dem Schläger drin) hochwerfen hat müssen. Deswegen hat er einen Balljungen zugeteilt bekommen, der ihm die Bälle zu holen hatte. Wie sich aber bald gezeigt hat, war der Balljunge in dem gesetzten Fall absolut überflüssig. Denn Jonas hat seinem Gegner Hannes alle Bälle geholt und (with a smile on his face) vorsichtig in die Hand gedrückt. Nicht, weil Jonas zu doof gewesen wäre, sondern (wie es sich später herausgestellt hat) aus Mitleid, Respekt, Anstand und Höflichkeit - und weil er sowieso seine überschüssige Energie hat ventilieren müssen oder sie verschenken hat wollen. Hannes hat vom Bewegungsdrang des Gegners profitiert und seine Freundlichkeit immer wieder mit einem Gegenlächeln sowie Dankbarkeitszeichen auf den Lippen quittiert.
Beim Händeschütteln nach dem Spiel habe ich Jonas meine Bewunderung offenbart und gefragt, warum er die hohen Bälle des Gegners ab und zu nicht durchgeladen bzw. weshalb er sie nicht geschlagen hatte. Die Antwort hat mich umgehauen:
"Das wäre unfair. Hannes muss im Rollstuhl sitzen - ich kann laufen. Ich habe zwei Hände - er nur eine."
Es kann aber sein, dass du mit deiner bewunderungswürdigen Einstellung die Medaille verspielst!
"Na und? Ich hab' schon eine", und fügte leise hinzu:
"und bin schon froh, wenn überhaupt jemand mit mir spielt."
Mir war's zum Heulen zumute.
Endlich habe ich richtig begriffen, worum es hier geht. Grandiose Idee! Danke Jonas, thank you Mrs. Kennedy-Shriver* (*1921 in Brooklyne geborene amerikanische Philanthropin, geb. Eunice Mary Kennedy, eine Schwester des 35. US-Präsidenten John F. Kennedy legte mit ihrer genialen, menschen-mit-behinderung-freundlichen Idee den ersten Baustein bei der Gründung der Special Olympics World Games):
Zwei Männer, die sich trotz schlimmster Schicksalsschläge ihre Würde, Menschlichkeit und Anstand bewahrt haben. Wir "Normalos" sollten uns manchmal dabei im Umgang miteinander ein Beispiel nehmen. Ich selbst habe bei den Special Olympics World Games dazugelernt. Bin so froh und dankbar, dabei gewesen sein zu dürfen.
Übrigens, die Slowakei hat 3:0 gewonnen. Das war bei der Geschichte aber nebensächlich. Ende der Story.
Karol Chlebana