Starker Boll schleppt sich durch vier Einzel und führt Düsseldorf zum Titel - Ochsenhausen im Finale knapp geschlagen
Borussia Düsseldorf hat sich am Samstag in der Neu-Ulmer Ratiopharm-Arena den 27. Pokalsieg der Vereinsgeschichte gesichert. Angeführt von Starspieler Timo Boll erkämpfte sich der Rekordpokalsieger im Finale gegen die TTF Liebherr Ochsenhausen den ersten nationalen Titel seit gut drei Jahren.
Charmant wie eh und je brach die Tischtennis-Legende vor versammelter Presse das kollektive Schweigen im Pressezentrum der Ratiopharm-Arena. Sekunden zuvor betrat der 39-Jährige den Raum und setzte sich neben seinen Kontrahenten Simon Gauzy, dem er verschmitzt zuraunte: „Four games at one day, its not mine anymore“. Übersetzt: Ein Pensum von vier Spielen auf höchstem Niveau gehen selbst an einem unverwüstlich erscheinenden Timo Boll im hohen Tischtennisalter nicht mehr spurlos vorbei. Dennoch reckte er am Ende mit seinen Düsseldorfern den Pott nach oben und avancierte zum Matchwinner – es ist sein zwölfter Mannschafts-Pokaltitel, der zehnte mit Borussia Düsseldorf. Simon Gazy kommentierte Bolls Satz daher recht trocken und machte deutlich, warum ein wackelnder Timo Boll noch lange kein fallender ist: „Your doing very well...“ - anerkennendes Gelächter im Pressepulk. In der Fragerunde ergänzt der 26-Jährige Ochsenhauser Spitzenspieler mit voller Respekt: „Für sein Alter ist Timo überragend.“
Wie gut der Altmeister mal wieder zum richtigen Zeitpunkt alles an den Tisch brachte, offenbarte er wenige Minuten zuvor. Beim Stand von 2:1 für die Borussia ist der Ochsenhauser Hugo Calderano dabei, gegen ihn einen 2:0-Rückstand aufzuholen. Vier Satzbälle ab dem Stand von 5:10 wehrte der 13-malige deutsche Einzelmeister bereits ab. Dann brachte sich Calderano beim Stand von 9:10 selbst noch mehr aus dem Tritt. Nach zweimaliger Ermahnung ahndete ein Schiedsrichter eine Verletzung der 15 Sekunden-Regel vor dem Aufschlag und zeigte dem Brasilianer die gelbe Karte wegen Spielverzögerung. Boll drehte den Satz und sicherte seiner Mannschaft den Triumph.
„Mittlerweile sind es für uns große Siege, die anderen Jungs zu schlagen. Gerade gegen Ochsenhausen sehen wir uns inzwischen als Jäger. Die Konkurrenz ist enger geworden“, bilanzierte der Matchwinner nach dem Spiel. Borussia-Coach Danny Heister will jedoch nicht nur seinen Altmeister nach dem Titelgewinn hervorheben: „Erfolg kommt nur, wenn das ganze Team mitzieht. Es macht riesig Spaß, mit den Jungs zu arbeiten.“ Der Niederländer sieht besonders das erste Einzel als besonderen Knackpunkt des Spiels an. Souverän schien Hugo Calderano die TTF gegen Kristian Karlsson in Führung zu bringen. Nach zwei deutlichen 11:5-Satzgewinnen bekam der Schwede irgendwie die zweite Luft, steigerte sich im Rücksschlagspiel enorm und startete eine furiose Aufholjagd zum 3:2-Erfolg. „Er hat sich mit einfachem Spiel nach oben gezogen“, verriet Heister das Mittel zum Erfolg. „Er war eigentlich unter der Erde.“ Timo Boll spielte gegen Kanak Jha seine Erfahrung deutlich aus und ließ dem hoch veranlagten US-Amerikaner mit 3:0 keine Chance. Für den einzigen Ochsenhauser Erfolg sorgte ein gut aufgelegter Simon Gauzy mit einen Fünfsatzsieg über Anton Källberg, der so den Anschluss zum zwischenzeitlichen 1:2 herstellen konnte.
Die Niederlage im Finale veranlasste TTF-Trainer Young Fu zu einer kleinen Kampfansage: „Wir geben nicht auf und werden weiter hart arbeiten.“ Besonders Hugo Calderano habe nach Verletzungsproblemen in dieser Saison noch nicht seinen Rhythmus gefunden, meint Fu, wodurch die Niederlagen des ehemaligen Weltranglisten-Sechsen in Neu-Ulm zu erklären seien.
In den Halbfinals zeichneten sich ebenfalls umkämpfte Spiele ab. Jedenfalls hielten die Partien, was sie im Vorfeld hinsichtlich vierer Playoff-Kandidaten der Bundesliga versprachen, die sich in der Ratiopharm-Arena duellierten. Titelverteidiger ASV Grünwettersbach scheiterte gegen den späteren Pokalsieger denkbar knapp - auch ein wenig an den eigenen Nerven. Der Top-Klub biss sich mit drei Fünfsatzsiegen ins Finale. Auch hier erspielte sich Timo Boll gegen Dani Kozul und Dang Qiu zwei Erfolge, Teamkollege Anton Källberg konnte den etwas glücklosen Qiu ebenfalls im Entscheidungssatz bezwingen. Nach 2:0 Rückstand stellte ein furioser Wang Xi gegen Kristian Karlsson den zwischenzeitlichen Anschluss her. Damit konnte er jedoch nicht mehr verhindern, dass der Pott in diesem Jahr in andere Hände wandert.
Noch spannender gestaltete sich das zweite Halbfinale zwischen den TTF Liebherr Ochsenhausen und des TTC Schwalbe Bergneustadt. TTF-Trainer Young Fu überraschte mit seiner Aufstellung, indem er Spitzenspieler Simon Gauzy erst im Schlussdoppel zu seinem zweiten Einsatz brachte. Die taktische Variante fruchtete und die Oberschwaben lösten das Finalticket. Simon Gauzy und Samuel Kulczycki siegten souverän mit 3:0 über Alvaro Robles und Stefan Fegerl. Für die Westdeutschen war ein kämpferischer Benedikt Duda unter dem Strich zu wenig. Das Bergneustädter Eigengewächs punktete gegen Kanak Jha und Hugo Calderano doppelt. Für Ochsenhausen waren zudem Simon Gauzy gegen Stefan Fegerl und Hugo Calderano gegen Alvaro Robles erfolgreich.
Fotos: Reinhard Arras Text: Christian Scharbert