Pokalfeeling pur boten, beim Liebherr – Final – Four, nicht nur die vier verbliebenen Teams der Tischtennisbundesliga, sondern vor allem auch die Fans und Zuschauer. Von Beginn an machten diese einen Höllenlärm und feuerten ihre Mannschaften frenetisch an. In der mit über 4600 Zuschauern randvollen Ratiopharm Arena ließen sich die Spieler aller Mannschaften praktisch von Beginn an von dieser so unglaublichen Atmosphäre mitreißen und boten dem fachkundigen Publikum Tischtennissport vom allerfeinsten.
Wirklich alle Attribute die mit einem richtig spannenden Pokalfight in Verbindung gebracht werden, wurden hier, bis zum I-Tüpfelchen, im wahrsten Sinne des Wortes erfüllt.
Im ersten Halbfinale, dem eigentlich schon vorweggenommen „Finale“ zwischen Ochsenhausen und Düsseldorf, dachte zu diesem Zeitpunkt jedenfalls noch, waren es zunächst die Oberschwaben, die sich Vorteile erarbeiteten und durch Hugo Calderano folgerichtig mit 1:0 die Führung übernahmen. Düsseldorf zog durch Timo Boll aber zum 1:1 gleich, ehe erneut Ochsenhausen, durch Simon Gauzy, mit 2:1 in Führung ging. Dann hatte Ochsenhausen mit der Verletzung von Hugo Calderano viel Pech. Dieser musste sein Spiel an Timo Boll, nach verlorenem ersten Satz abschenken, was den 2:2 Ausgleich bedeutete. Im alles entscheidenden Schlussdoppel waren es dann Stefan Fegerl/Simon Gauzy, die Kristian Karlsson/Anton Källberg mit 3:1 bezwangen und somit Ochsenhausen den vielumjubelten 3:2 Erfolg bescherten.
Im zweiten Halbfinale, war Grünwettersbach gegen Saarbrücken der klare Außenseiter. Doch schon nach dem ersten Einzel lagen die Saarländer mit 0:1 zurück. Sathiyan Gnanasekaran bezwang Shang Kun mit einer wahren Energieleistung hauchdünn. Seine derzeitige außergewöhnliche Klasse zeigte dann aber Patrick Franziska bei seinem Sieg über Dang Qui. Somit stand es nun 1:1, ehe Wang Xi dann im Anschluss, zum großen Jubel der „roten Grünwettersbacher Fan – Wand, Darko Jorgic seine Grenzen aufzeigte. Erneut musste nun Patrick Franziska alles geben, um mit seinem Sieg über Sathiyan Gnanasekaran das 2:2 herzustellen. Im Schlussdoppel hatte Grünwettersbach dann aber wirklich Lunte gerochen. Dang Qiu/Tobias Rasmussen spielten sich in einen Rausch und bezwangen Darko Jorgic/Tomas Polansky zwar mit 3:0, aber in allen Sätzen richtig knapp. Dann brach ein ohrenbetäubender Jubelsturm los.
Damit standen zwei Baden – Württembergische Vereine im Finale. Betrachtet man jetzt einmal die Einwohnerzahlen von Grünwettersbach mit 5830 und dem Städtchen Ochsenhausen mit 5700 Einwohnern (jeweils aus https://www.citypopulation.de/de/germany/settlements/badenwurttemberg/ entnommen), dann haben die „Underdogs“ dieser Begegnungen, die Hauptstädte von Nordrheinwestfalen (Düsseldorf) und dem Saarland (Saarbrücken) aus dem Rennen geworfen. Timo Boll bestätigte dann im Anschluss in einem kurzen Interview den Eindruck der Zuschauer, dass sich auch im Ligabetrieb der Tischtennis – Bundesliga, die Spitzenmannschaften in dieser Saison teilweise richtig schwer tun. „Viele Mannschaften spielen auf dem gleichen Niveau. Da können dann mitunter auch Kleinigkeiten und leichte Formschwankungen den Unterschied ausmachen“, sagte er und gratulierte den erfolgreichen Teams zum Einzug ins Finale. Nun stand also noch ein richtig spannendes Finale an. Grünwettersbach hatte dabei nicht die schlechtesten Karten, denn Ochsenhausen musste nach dem verletztungsbedingten Ausfall, auf Hugo Calderano, seine angestammte Nummer eins verzichten.
Im Finale machten Grünwettersbach und Ochsenhausen genau da weiter wo sie im Halbfinale aufgehört hatten. Alles geben, Spannung bis in die Haarspitzen, Emotionen, phantastische Ballwechsel und Dramatik pur. Für das erste Highlight sorgte Jakub Dyjas, der Sathiyan Gnanasekaran mit 3:1 bezwang und somit das 1:0 für Ochsenhausen besorgte. Dann aber war auf einmal Grünwettersbach dran. Dang Qiu bezwang Simon Gauzy mit 3:1, während gleich Stefan Fegerl von Wang Xi mit 3:0, zur 2:1 Führung für Grünwettersbach bezwungen wurde. Jetzt war Simon Gauzys Nervenstärke im Spiel gegen Sathiyan Gnanasekaran gefordert. Mit einem 3:1 Sieg sorgte er dafür, dass erneut das Schlussdoppel die Entscheidung bringen musste. Hier gewannen Stefan Fegerl/Jakub Dyjas den ersten Satz. Dann starteten Dang Qiu/Tobias Rasmussen noch einmal durch. Sie gewannen die nächsten drei Sätze und holten damit den vollkommen überraschenden Pokalsieg für Grünwettersbach. Was dann geschah lässt sich nur sehr schwer beschreiben. Grenzenloser Jubel, Freudenschreie und überschäumende Begeisterung wollten kein Ende nehmen.
Grünwettersbachs Trainer Joachim Sekinger war danach erst einmal völlig von den Socken. „Wir haben ja hier im Finale mit einer Außenseiterchance gerechnet. Das Finale aber tatsächlich zu gewinnen ist ja absoluter Wahnsinn. Die Jungs haben phantastisch gespielt. Die Aufstellung im Halbfinale war sehr taktisch ausgerichtet. Danach lautete die Devise einfach – Never change a winning Team. So das erste Mal richtig an den Pokalsieg wirklich gedacht habe ich im Schlussdoppel, nach dem Gewinn des zweiten Satzes zum 1:1 Ausgleich. Von da an lief es dann richtig gut. Wir sind alle absolut überglücklich“.
Ähnlich sah es Dang Qiu der überglücklich in der Pressekonferenz saß und den Sieg dem ganzen Verein widmete. „Wir sind hier eine richtig große Familie und alle haben sich das sehr redlich verdient. Jeder unterstützt hier jeden. Das ist deshalb wirklich ein Sieg für uns alle.
Dimitrij Mazunov der Trainer von Ochsenhausen hingegen machte klar:“ Wir sind sehr enttäuscht und haben uns das anders vorgestellt. Nichtsdestotrotz werden wir nächstes Jahr wieder angreifen und versuchen es da einfach besser zu machen. Grünwettersbach gratuliere ich sehr herzlich. Sie haben das richtig gut gemacht und verdient gewonnen. Uns hat die Verletzung von Hugo Calderano dann doch stärker getroffen, als wir uns eingestehen wollten.
Auch Hugo Calderano sah das so. Über seine Verletzung selbst konnte er noch keine Angaben machen, da der Arztbesuch erst für Sonntag anberaumt war. „Ich hoffe aber so rasch wie möglich wieder fit zu werden, schließlich stehen wichtige Turnier an, da möchte ich schon auch gerne spielen“.
Nico Stehle derGeschäftsführer der Tischtennis – Bundesliga war von Ablauf und dem ganzen Umfeld der Veranstaltung hellauf begeistert. „Ulm/Neu-Ulm mit der Ratiopharm Arena hat sich absolut unglaublich sensationell entwickelt. Wir haben bis jetzt jedes Jahr die Zuschaueranzahl deutlich gesteigert. Und dann diese Spiele. Megaspannung, Dramatik pur und so viele geniale Ballwechsel. Was kann man sich mehr wünschen“, schwärmte er. Dann ergänzte er noch:“ Wir wollen das hier in mit Ulm/Neu-Ulm langfristig etablieren und ausbauen. Aussichtsreiche Gespräche mit den Städten und der Ratiopharm Arena dazu laufen bereits.
Es wird also bereits für das nächste Jahr geplant. Die Fans hoffen natürlich, dass ihre Teams wieder mit dabei sind. Schön wäre vielleicht auch, wenn sich dieses Mal dann neben dem ASV Grünwettersbach und den TTF Ochsenhausen auch der Lokalmatador TTC Neu-Ulm dafür qualifizieren würde. Träumen jedenfalls ist erlaubt.
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Autor: Hans-Peter Wörtz
Foto: Hans-Peter Wörtz