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Beim Tischtennissport stets das Ehrenamt im Visier

Porträt Charly Koch (TTV Gärtringen)

Schiedsrichter im Tischtennis stehen – von außen betrachtet – wesentlich weniger im Fokus als ihre Pendants im Fußball oder Handball. Und doch leisten sie einen wichtigen Beitrag zum reibungslosen Ablauf vieler Tischtennisspiele. Die Probleme, mit denen die Referees zurzeit konfrontiert werden, sind dieselben. Es mangelt an Nachwuchs, die Bestückung der Tischtennisveranstaltungen mit Schiedsrichterpersonal entpuppt sich vor der Saison zuweilen zu einem herausfordernden Unterfangen. Davon weiß Charly Koch ein (Klage-)Lied zu singen. Als erfahrener Ehrenamtlicher weiß der Gärtringer allerdings damit umzugehen.

Punktspiele von der Verbandsoberliga bis hinauf zur Regionalliga, Bezirksmeisterschaften hier, Jugendranglisten da – im Laufe eines Jahres ist der Terminkalender der Tischtennisspieler im Mannschafts- und Einzelsport dicht bestückt. Auf Verbandsebene ist Charly Koch schon Monate vorher gefordert, wenn es darum geht, die Events mit Oberschiedsrichtern und entsprechenden Stellvertretern zu bestücken. „Fallen beide kurzfristig aus, so gehört es zu meinen Aufgaben, zeitnah für adäquaten Ersatz zu sorgen“, sagt der 58-jährige, „was leider nicht immer gelingt.“ Und dann wird auch mal bezirksübergreifend ausgeholfen.

Als Ressortleiter Schiedsrichter zeigt sich Charly Koch derzeit sowohl für den Bezirk Böblingen als auch den Bezirk Schwarzwald verantwortlich. „In Notfällen kommt dann auch mal Hilfe aus dem Bezirk Alb oder wir unterstützen im Bezirk Stuttgart“, sagt er. Ein Missstand, den Koch gerne aus dem Weg geräumt hätte. „Das Problem von mangelndem Nachwuchs ist vielschichtig“, begibt er sich auf Ursachenforschung, „zum einen gibt es heutzutage für jüngere Leute viel mehr Freizeitmöglichkeiten, andererseits hat die Bereitschaft, auf Dauer ehrenamtlich etwas zu tun, abgenommen. Für zeitlich überschaubare Projekte kann man durchaus noch Leute gewinnen, für einen längeren Zeitraum weniger.“ Zudem würde sich der Tischtennissport mit seiner Komplexität zuweilen selbst im Wege stehen. „Jedes Jahr gibt es Regeländerungen, weshalb die Schiedsrichter jedes zweite Jahr verpflichtend eine Weiterbildung machen müssen. Wer hätte unter diesen Bedingungen heute noch einen Führerschein?“, vergleicht er. Auch die Aufwandsentschädigungen lassen laut Koch „im Vergleich zu anderen Sportarten zu wünschen übrig.“ Im gleichen Atemzug setzt Charly Koch zur Laudatio auf das Ehrenamt im Allgemeinen an: „Ohne Ehrenamt funktioniert unsere Gesellschaft nicht. Leider tragen zur Negativentwicklung auch unsere politischen Entscheidungsträger bei, die Bundeswehr und Zivildienst abschafften.“ Ein verpflichtendes statt freiwilliges soziales Jahr für junge Schulabgänger würde der Gärtringer begrüßen.

Charly Koch ist in Tischtenniskreisen bereits einiges herumgekommen. Geboren im bayerischen Neuburg an der Donau, hat er im Meckenbeurer Ortsteil Kehlen seine ersten Ballwechsel absolviert. „Mein Onkel war dort Abteilungsleiter und hatte einen alten Tisch im Keller stehen“, erinnert er sich, mit einem Einstiegsalter von dreizehn Jahren gehört er eher zur Fraktion der „Spätstarter“. „Da im Keller wenig Platz war, habe ich hauptsächlich Rückhand gespielt, dementsprechend ist dies nach wie vor meine stärkere Seite.“ Stets aus beruflichen Gründen – und damit verbundenen Wohnortswechseln – streifte sich Charly Koch die Trikots diverser Vereine über, vom TSV Neuendettelsau ging es über den TV Derendingen über den TSV Sielmingen zu den Tischtennisfreunden Neuhausen. „Dorthin ging ich, weil ich mit meiner Frau Britta im gleichen Verein Tischtennis spielen konnte“, blickt Charly Koch zurück. Durch den Umzug nach Gärtringen Anfang der 2000er Jahre war dann für beide auch der TTV die neue Tischtennisadresse, wobei sich für Britta, die in Gärtringen aufwuchs, der Kreis schloss.

Das Engagement von Charly Koch allein auf die Ehrenämter im Tischtennis zu reduzieren – er ist auch stellvertretender Vorsitzender im Bezirk Böblingen und zudem Kassenprüfer beim TTV Gärtringen -, würde der Sache nicht gerecht werden. Der Diplom-Theologe und gelernte Kirchenmaler (Koch: „Diese Berufsbezeichnung gibt es meines Wissens nur in Bayern“) ist Mitglied im Gärtringer CVJM, wirkt im Besuchsdienst und bei den Alpha-Glaubenskursen der evangelischen Kirche mit, ist Hauskreisleiter und arbeitet ehrenamtlich in der christlichen Non-Profit-Sportorganisation „Sportler ruft Sportler“. Regelmäßig sieht man Charly Koch beim Radfahren oder beim Wandern – und nicht zuletzt beim Blutspenden. Bereits 119 Mal hat er seinen wertvollen Lebenssaft zur Verfügung gestellt.

Als Schiedsrichter stand Charly Koch in der abgelaufenen Saison selbst bei über zwanzig Terminen seinen Mann. Als lizenzierter Verbandsschiedsrichter ist er bis zur Zweiten Bundesliga bei den Herren und zur Bundesliga bei den Damen als „Schiedsrichter am Tisch“ einsatzberechtigt. Ob er schon einmal eine höhere Laufbahn ins Visier genommen hatte? „Ja, ich nahm im Jahr 2015 an der Prüfung zum Nationalen Schiedsrichter teil. Diese ging allerdings in die Geschichte ein, da über die Hälfte aller Prüflinge durchgerasselt sind, leider ich auch. Mittlerweile haben sich die Prüfungsschwerpunkte geändert und es wird praxisorientierter geprüft.“ Und gab es auch schon einmal brenzlige Situationen? „Ja, als Oberschiedsrichter in der Dritten Männer-Bundesliga wurde ich mit einem Protest des Gäste-Mannschaftsführers konfrontiert. Was anschließend an Querelen folgte, möchte ich nicht häufig erleben.“

Beim TTV Gärtringen fühlt sich Charly Koch pudelwohl, wenngleich seine knapp bemessene Zeit keine regelmäßigen Punktspieleinsätze zulässt. „Ich frage mich nur manchmal, warum es keine Ortsmeisterschaften gibt“, fällt ihm ein Verbesserungsvorschlag ein, „ein gemeinsames Happening mit Spielern und Spielerinnen aus Rohrau und Gärtringen, das wäre eine tolle Sache.“

Foto: Volker Arnold

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