Wenige Tage vor Ferienbeginn traf sich die baden-württembergische Tischtennisjugend in Gerstetten zum letzten Kräftemessen auf Topniveau. Beim Top 12- bzw. Top 16-Ranglistenturnier ging es um die Qualifikation zu den hochkarätigen DTTB-Bundesranglistenturnieren Top 48, die im Herbst in Nordrhein-Westfalen und Sachsen-Anhalt zur Austragung kommen. In Gerstetten schafften Paulina Friebe (TSV Korntal, Mädchen 15), Nils Wolf (SV Sillenbuch, Jungen 15), Victoria Merz (TSG 1845 Heilbronn, Mädchen 19) und Fabian Haid (GSV Hemmingen, Jungen 19) die direkte Qualifikation. Vor allem die Kadertrainer werden im Nachgang über weitere Verfügungsplätze zur Teilnahme am Folgeturnier auf Bundesebene entscheiden.
Wie schon im Vorjahr, als sich der VfL Gerstetten in der kritischen Corona-Zeit recht kurzfristig als Durchführer zur Verfügung stellte, fand das baden-württembergische Ranglistenturnier an gleicher Stelle statt. „Wir sind gerne wieder hierhergekommen“, sagte Gesamtleiter Jürgen Häcker, Beauftragter Jugendsport ARGE LS TTBW. Von dem bekannten rauen Klima auf der Ostalb war an einem hochsommerlichen Wochenende in Gerstetten nichts zu spüren, schon gar nicht in der Georg-Fink-Halle, wo es mit zunehmender Turnierdauer doch immer wärmer und auch stickiger wurde. Den jungen Protagonisten schien dies nichts auszumachen, in den vier Konkurrenzen wurde hochklassiger Tischtennissport zelebriert.
Einziger Wermutstropfen: Gleich fünf Talente mussten verletzungsbedingt im Laufe der Veranstaltung die Segel streichen. Mit besonders sorgenvoller Miene wurde dabei von den Betreuern das Ausscheiden des an Position eins gesetzten Samuel Schürlein betrachtet. Der Offenburger war zuletzt nach langer Verletzungspause wieder ins Training eingestiegen und fühlte sich fit für den letzten Saisonhöhepunkt. Doch bereits nach dem 3:0-Erfolg über Cosmo Schmitt (TTV Mühlhausen 1980) zum Auftakt des Jungen 19-Wettbewerbs musste Schürlein auf Grund wieder aufgetretener Rückenprobleme passen. Auch Tobias Tränkle (TTC Zaberfeld, Jungen 15), Jonathan Fuchs (DJK Sportbund Stuttgart, Jungen 19) und im weiteren Verlauf Mia Hofmann (SU Neckarsulm, Mädchen 19) und Joey Martin (ASV Grünwettersbach, Jungen 19) beendeten das Turnier frühzeitig.
Wurden die Ranglistensieger im vergangenen Jahr (pandemiebedingt) in zwei separaten Eintagesveranstaltungen ermittelt, kehrten die Verantwortlichen nun wieder zum bewährten Turniermodus zurück. In der Altersklasse Jugend 15 wurde erst in Achtergruppen die Vorrunde ausgespielt, wobei die besten Vier um den Ranglistensieg spielten und die Plätze fünf bis acht das Turnier in der unteren Hälfte fortsetzten. Bei der Jugend 19 wurden im Modus „Jeder gegen Jeden“ die Sieger und Platzierten ermittelt.
Wie schon beim Jahrgangs-Ranglistenturnier im Juni in Sillenbuch setzte sich in der Mädchen 15-Konkurrenz die Korntalerin Paulina Friebe vor Anna Gaiser (TV Öschelbronn) durch. Beide marschierten mit sieben Siegen durch die Vorrundengruppe, bei beiden ging es dabei nur in einem Spiel über die volle Fünfsatzdistanz. Kurioserweise mussten sie dabei jeweils 0:2-Satzrückstände wettmachen. Am zweiten Turniertag erledigten die beiden Favoritinnen ihre Hausaufgaben bis zum finalen direkten Aufeinandertreffen, in dem sich Paulina Friebe mit 11:9, 11:8, 8:11 und 11:6 gegen Anna Gaiser durchsetzte. Leonie Müller (VfL Sindelfingen) und Sara Müller (TB Wilferdingen) landeten auf den Plätzen drei und vier. Melissa Bill vom SSV Schönmünzach, eine von drei Spielerinnen des Jahrgangs 2012, schaffte es in die Top Acht.
Bei den Jungen 15 kam der Sillenbucher Nils Wolf gut mit seiner Favoritenrolle zurecht, die er auf Grund der höchsten Zahl im Ranking nicht verhindern konnte. Ohne Satzverlust marschierte der 14-jährige mit sieben Siegen durch den ersten Turniertag, ein paar Spannungsmomente gab es derweil am Sonntag in den Partien gegen den späteren Sechsten Frederik Umlauff (VSV Büchig) und den Fünften Stellan Krilla (TSV Kleinglattbach), wo es über die Maximaldistanz ging. Den Ranglistensieg schon in der Tasche, gewann Nils Wolf dann das abschließende Spitzeneinzel gegen den Zweiten Leo Kempter (TTF Kißlegg) glatt in drei Sätzen. Dritter wurde der Öschelbronner Jonathan Gaiser vor dem erst 10-jährigen Tien Nghia Phong (TTC 1946 Weinheim).
10:0 Spiele, 30:8 Sätze – in beeindruckender Manier spielte sich Victoria Merz von der TSG 1845 Heilbronn durch die beiden Turniertage von Gerstetten. Bereits im Vorfeld ließ sich abschätzen, dass sie zusammen mit Thi Minh Thu Nguyen (SU Neckarsulm) das Geschehen bei den Mädchen 19 diktieren würde. „Es war mein Ziel, bis zum Aufeinandertreffen mit Minh Thu alle Spiele zu gewinnen“, sagte die 18-jährige, die in der kommenden Saison sowohl bei den Drittliga- als auch bei den Regionalligafrauen des VfL Sindelfingen an den Start geht. So kam es dann am frühen Sonntagnachmittag auch zum „Endspiel“ zwischen den beiden Spielerinnen, das Merz bei einem ausgelassenen Matchball im vierten Satz doch noch mit 11:8, 10:12, 11:6, 10:12 und 11:6 zu ihren Gunsten entschied. Wie schon im Vorjahr verbuchte „Vici“ gegen ihre Neckarsulmerin Kontrahentin das bessere Ende für sich. Abwehrspielerin Cheyenne Paul (TTSV Kenzingen) landete mit einer 8:2-Bilanz auf dem dritten Platz.
Nachdem Topfavorit Samuel Schürlein frühzeitig passen musste, spielten sich bei den Jungen 19 die anderen Mitfavoriten in den Vordergrund. Wobei im Vorfeld sicherlich nicht alle den Hemminger Fabian Haid als Turniersieger auf der Rechnung hatten. „Ich hatte im Vorfeld zu meiner Trainerin mit einem Schmunzeln gesagt, dass ich heute gewinne“, sagte Fabian Haid, der das dann aber schnell relativierte. „Unter die ersten Drei oder Vier wollte ich schon kommen, aber dass ich am Ende ganz oben stehe, ist natürlich eine tolle Sache“, so der kommende Verbandsligaspieler. Dabei begann der Wettbewerb gar nicht optimal für den 17-jährigen, als er in der zweiten Runde gegen Geburtstagskind Luke Hofferer (ASV Grünwettersbach) in vier Sätzen den Kürzeren zog. Später gegen Mitfavorit Mathis Braunwarth (SSV Ulm 1846) lieferte Fabian Haid nach eigenem Bekunden eines seiner besten Spiele ab. „Ich bin hochmotiviert in dieses Spiel gegangen und hab einfach alles getroffen“, schwärmte er noch nach Turnierende von diesem Auftritt. Mit der richtigen Mentalität und in starker Form gewann Fabian Haid alle weiteren Spiele, so dass er am Ende mit einer 7:1-Quote vor Luke Hofferer und Leon Lühne (SV Sillenbuch, beide 5:3) die Nase vorn hatte. „Heute feiere ich ein bisschen mit meiner Familie und am Mittwoch nach dem letzten Schultag wird noch etwas größer gefeiert“, nannte Fabian Haid seinen klaren Plan.
Die beiden Turniertage von Gerstetten wurden von Jürgen Häcker und Christhart Kratzenstein, Regionsleiter TTBW Region 4 Südost, professionell geleitet, auch Oberschiedsrichter Sven Weiland hatte mit Einsatzleiterin Melanie Timke und einem engagierten Team das Turniergeschehen jederzeit im Griff. Erstmals als Unparteiische im Einsatz waren die beiden Sillenbucher Laurin Weber und Cyprien Chatteleyn, die unlängst erfolgreich die Verbandsschiedsrichterprüfung ablegten.
Bericht: Thomas Holzapfel
Fotos: Volker Arnold
