Kurz vor dem Jahreswechsel wurden in der Tischtennisjugend der ARGE LS Baden-Württemberg aus organisatorischer und vor allem spielerischer Sicht noch einmal alle Kräfte mobilisiert, in Bietigheim-Bissingen kamen die Baden-Württembergischen Meisterschaften der Jugend zur Austragung. Diese fanden mit Tien Nghia Phong vom gastgebenden TTC Bietigheim-Bissingen (Jugend 19) und Len Müller vom TV Calmbach (Jugend 15) mit jeweils drei Goldmedaillen die fleißigsten Titelsammler, Bao Chau Elisa Nguyen (TTV Ettlingen) und Milla Pardela (TSV Korntal) holten sich jeweils zwei der begehrten Titel.
In der Sporthalle am Bietigheimer Eisenbahnviadukt, dem Wahrzeichen der Stadt, stand entgegen sonstiger Gewohnheiten nun einmal der schnelle Sport mit dem kleinen Ball im Fokus. „Normalerweise spielen wir in der Sporthalle in Untermberg, aber für solch ein großes Turnier reicht dort der Platz nicht“, sagte TTC-Vorsitzender Matthias Grünenwald, der sich mit seinem derzeit etwa 170 Mitglieder umfassenden Verein für die Durchführung dieser baden-württembergischen Titelkämpfe bewarb. Bezugnehmend auf das Stichwort „Sport-Stadt Bietigheim“, das der Oberbürgermeister Jürgen Kessing, zugleich Vorsitzender des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), bei der Begrüßung in den Mund nahm, sagte Matthias Grünenwald: „Wir wollen mit dem Turnier auch mal wieder den Tischtennissport in unserer Stadt verstärkt in den Vordergrund rücken.“ Insgesamt um die 50 Mitglieder, so Grünenwald, seien vor, während und nach der Zwei-Tages-Veranstaltung, ehrenamtlich im Einsatz.
Wie schon in den letzten Ausspielungen standen am ersten Tag die Doppel- und Mixedwettbewerbe im Vordergrund, in den Einzelkonkurrenzen wurde lediglich eine Runde gespielt. „Das hat sich bewährt, seit die Mixed-Wettbewerbe wieder ins Programm aufgenommen wurden“, meinte Jürgen Häcker, Beauftragter Jugendsport in der ARGE LS BaWü, der sich zusammen mit Torsten Merz (Ressortleiter Jugend TTBW) und Alexander Heißler (Beauftragter Einzelsport Jugend TTBW) um einen reibungslosen Ablauf kümmerte. In der Turnierleitung spielten Sarah Hunyar und Simone Schmid (beide TTC Neckar-Zaber) ihre ganze Routine aus und sorgten dafür, dass der Zeitplan größtenteils eingehalten wurde.
Mit Tien Nghia Phong vom gastgebenden TTC immoXone Bietigheim-Bissingen und Len Müller vom TV Calmbach durften sich gleich am ersten Turniertag zwei Spieler doppelt feiern lassen. In der Doppelkonkurrenz der Jungen 15 wurden Jannis Würzberger (FC Külsheim) und Len Müller ihrer Top-Setzungsposition gerecht und setzten sich gegen die Konkurrenz durch. Richtig eng wurde es für die beiden erst im – durchaus zu erwartenden - Endspiel gegen Luca Gremminger/Noah Brand (SpVgg Hainstadt/FT V. 1844 Freiburg), das die beiden befreundeten Kaderspieler nach 1:2-Satzrückstand noch umbogen (10:12, 11:4, 7:11, 11:6, 11:8). Des einen Leid ist des anderen Freud: Nachdem Jonathan Gaiser krankheitsbedingt absagen musste, kam Leo Kempter (SV Deuchelried) im Doppel-Wettbewerb der Jungen 19 in den Genuss, an der Seite von Tien Nghia Phong ins Rennen zu gehen. Und die beiden harmonierten prächtig: Zwar galt es im Turnierverlauf zwei Satzverluste hinzunehmen, der Finaleinzug für das „Verlegenheitsdoppel“ war aber dennoch ungefährdet. Das packende Fünfsatz-Endspiel gewannen die beiden gegen Cosmo Schmitt/Lars Maier (TTSF Hohberg) mit 12:14, 11:5, 11:8, 8:11 und 11:5.
Erstmals machte sich im Turnier des Mädchen 15-Doppels die Dominanz des TSV Korntal bemerkbar, alle vier Endspielnehmerinnen kamen von ein und demselben Verein. Weshalb sich die Betreuer genüsslich zurücklehnen konnten. Rhea Zhu Chen und Dana Haspel gewannen das Finale gegen Chenhao Chen/Milla Pardela mit 11:6 im entscheidenden fünften Satz. Auch das vierte Doppelfinale am Turniersamstag ging über die volle Fünfsatzdistanz, Paulina Friebe/Minh-Thao Nguyen gewannen das Duell der beiden topgesetzten Mädchen 19-Duos gegen Anna Gaiser/Bao Chau Elisa Nguyen nach 0:2-Satzrückstand noch mit 3:11, 4:11, 11:9, 11:5 und 11:5.
Baden-Württembergische Meister im Mixed wurden in der Jugend 15 Milla Pardela und Len Müller (TSV Korntal/TV Calmbach), sie behielten glatt in drei Sätzen gegen Rhea Zhu Chen/Fynn Nickel (TSV Korntal/TTC immoXone Bietigheim-Bissingen) die Oberhand. Die kritischste Phase hatten die beiden Schwarzwälder Talente im Halbfinale gegen das Korntaler Geschwister-Doppel Ksenija und Damjan Poznic zu überstehen, als sie bei einem 0:2-Satzrückstand und 10:10 im dritten Durchgang bereits kurz vor dem Aus standen. In der Jugend 19 ging der Titel – nicht unerwartet – an Bao Chau Elisa Nguyen/Tien Nghia Phong, die nur im Finale gegen Cosmo Schmitt/Fatme El Haj Ibrahim (TTSF Hohberg/VfL Herrenberg) einen Satzverlust hinnehmen mussten, ansonsten aber in allen Belangen überlegen waren.
Sonntag, 16:25 Uhr – die Spannung ist an allen vier Finaltischen deutlich spürbar. In allen Endspielen der Einzelwettbewerbe, die zeitgleich starteten, steht es nach Sätzen 1:1. Wer holt sich am Ende den Titel des baden-württembergischen Einzelmeisters? Eine gute Viertelstunde später lieferte Bao Chau Elisa Nguyen bei den Mädchen 19 die erste Antwort: Nach einem 11:6 und einem 7:11 machte die 15-jährige Drittligaspielerin vom DJK Sportbund Stuttgart gegen ihre Teamkollegin Fatme El Haj Ibrahim (VfL Herrnberg) Ernst und holte sich mit 11:3 und 11:5 nach dem Jugend 15-Titel im Vorjahr nun auch den Cup bei den Großen. Auf richtig viel Gegenwehr stieß die spätere Siegerin im Viertelfinale gegen die beherzt aufspielende Korntaler Regionalligaspielerin Paulina Friebe (3:1), Fatme El Haj Ibrahim bewies in derselben Runde Nervenstärke gegen die Öschelbronnerin Anna Gaiser (3:2).
Beinahe auf die Sekunde zeitgleich verwandelten Len Müller und Tien Nghia Phong die Matchbälle in ihren jeweiligen Einzelkonkurrenzen, womit sie sich zu den „Königen von Bietigheim-Bissingen“ kürten. „Ab der KO-Runde wurde es richtig anstrengend“, sagte der erst 13-jährige Tien Nghia Phong, der sich vornahm, im Konzert der Jungen 19 „von Spiel zu Spiel“ zu denken. Eine erfolgsversprechende Strategie, gepaart mit großer spielerischer Klasse: Über Noah Tanriver (VSV Büchig), Melih Özdemir (TV Calmbach) sowie nach einem hochklassigen Halbfinalspiel gegen Cosmo Schmitt (TTSF Hohberg) schaffte „Tini“ den Sprung ins Endspiel, wo er gegen den Sillenbucher Nils Wolf lediglich im zweiten Durchgang etwas Probleme hatte (11:8, 7:11, 11:4 und 11:4). In der unteren Turnierhälfte musste Titelverteidiger Lars Maier (TTSF Hohberg) bereits in der ersten KO-Runde gegen Matteo Loss (SV Plüderhausen) passen, letztendlich war hier der Weg frei für Nils Wolf, der auf dem Weg ins Endspiel nur einen Satz abgab.
Die beiden Kumpel Len Müller und Jannis Würzberger, die bereits gemeinsam den Titel im Doppel holten, trafen im Einzelendspiel der Jungen 15 aufeinander. Lange Zeit dominierte Müller das Geschehen (11:7, 11:7), auch im dritten Satz befand er sich bereits auf der Siegerstraße. Dann bekam Würzberger die „zweite Luft“ nach zuvor drei hart umkämpften KO-Spielen, in denen der Abwehrspieler jeweils im fünften Satz die Oberhand behielt. Gegen Len Müller gelang zwar noch der Satzausgleich, dann war Würzberger beim 4:11 aber mit seinen Kräften am Ende.
Die letzte Finalentscheidung fiel bei den Mädchen 15, wo sich Milla Pardela (TSV Korntal) und Lotta Rothfuß (TTC Renchen) gegenüberstanden. „Zuletzt beim Top 48 habe ich gegen Lotta verloren“, sagte Milla Pardela, die nunmehr glücklich war, den Spieß herumgedreht zu haben. Nach zwischenzeitlichem 1:2-Satzrückstand gelang es der Salzstetterin, diesmal den Titel einzuheimsen (8:11, 11:9, 5:11, 11:7, 11:3). Auch wenn erst einmal die Enttäuschung überwog, so war der Finaleinzug von Lotta Rothfuß aus zweierlei Sicht aller Ehren wert: Schließlich gelang der Zwölfjährigen zuvor gegen die favorisierte Korntalerin Rhea Zhu Chen ein Überraschungserfolg (3:2), außerdem plagt sich die dynamische Renchenerin seit längerem mit Problemen am Fuß herum. „Nun steht erst einmal eine Zehen-Operation an“, sagte ihr Vater.
Die baden-württembergischen Einzelmeister qualifizierten sich direkt für die Deutschen Meisterschaften, die im kommenden Jahr (6. bis 9. Juni 2025) wieder im Rahmen der „TT Finals“ in Erfurt stattfinden. Abhängig von den Verfügungsplätzen darf sich der/die eine oder andere noch Hoffnungen auf einen weiteren Startplatz machen.
22 Schiedsrichter am Samstag und 20 weitere am Sonntag, außerdem zwei Einsatzleiter und ein Schlägertester hatten unter Oberschiedsrichter Sven Weiland wenig Mühe, den Jahresendhöhepunkt im Einzelsport in geordnetem Rahmen zu halten. „Wir haben die Einsatzzeiten der Tischschiedsrichter gut verteilt, jeder Schiedsrichter hatte nicht mehr als zehn Einsätze pro Tag“, sagte Weiland.
Durchaus zufrieden zeigten sich die Landestrainer mit den Leistungen des baden-württembergischen Nachwuchs. Der Vormarsch der jungen, aufstrebenden Talente, die die Felder der Jugend 19-Konkurrenz gehörig aufmischten, dürfte ihnen nicht entgangen sein. „Vor allem unseren Mitgliedern des Nationalkaders merkte man allerdings an, dass sie ein anstrengendes Halbjahr hinter sich haben“, sagte Sportdirektorin Martina Schubien, „insofern wird es Zeit für die Weihnachtspause.“ Die ist für viele derweil nur von kurzer Dauer. Bereits am 2. Januar steigt in Albstadt-Tailfingen der Lehrgang des Landeskaders, direkt im Anschluss geht es für die Mitglieder des Nationalkaders zu weiteren Lehrgängen nach Frankfurt und Düsseldorf.
Zu den Ergebnissen:
https://ttbw.click-tt.de/cgi-bin/WebObjects/nuLigaTTDE.woa/wa/tournamentCalendarDetail?tournament=646056&federation=VOL+R5
Bericht: Thomas Holzapfel
Fotos: Volker Arnold