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Hintergrundberichte   Pressemitteilung  

Nach Olympia ist vor den Paralympics

Volker Ziegler vor seinen dritten Paralympischen Spielen: Mit kleinem, aber feinen Kader und einer Portion Unsicherheit

Volker Ziegler und sein Team für die paralympischen Spiele in Tokio

Nach den Olympischen Spielen ist vor den Paralympischen Spielen. Volker Ziegler, Bundestrainer Tischtennis des Deutschen Behindertensportverbandes, steht mit seinem Team in den Startlöchern zum sportlichen Höhepunkt der vergangenen Jahre. Nach einer letzten Woche des Durchatmens geht es für den 55-jährigen am Dienstag vom beschaulichen Lehenweiler in die 14-Millionen-Metropole Tokio. 

„Das Turnier wird auf jeden Fall für alle eine einmalige Erfahrung werden“, sagt Volker Ziegler, der mit einem 13-köpfigen Team das sportliche Abenteuer im Land der aufgehenden Sonne angeht. Und er ergänzt: „Während viele richtig scharf auf die Paralympischen Spiele sind, ist es nicht gerade mein Traum, in Hochhäusern mit zehntausend anderen Sportlern und Funktionären eingepfercht zu sein.“ Bestand vor fünf Jahren in Rio de Janeiro wenigstens noch die Möglichkeit, in der eng bemessenen freien Zeit Eindrücke vom Gastgeberland zu bekommen, werden sich die Paralympischen Spiele komplett in einer „Bubble“ abspielen. „So hätten wir beispielsweise gerne den Hauptsitz unseres Sponsors in Tokio besucht, aber das wird nicht möglich sein“, meint Volker Ziegler, der seine Schützlinge schon frühzeitig auf mögliche Anstrengungen bereits vor dem ersten Ballwechsel hingewiesen hat. „Ich rechne mit einem Biwak am Flughafen und nehme schon mal Tütensuppen mit“, sagt er augenzwinkernd und bezieht sich dabei auf langgezogene Einreisemodalitäten, die für die Olympioniken bis zu sieben Stunden dauerten. „Nach einem elfeinhalbstündigen Flug dürfte dies vermutlich etwas nervig werden.“

Ungeachtet möglicher Herausforderungen im Umfeld und umfangreicher organisatorischer Vorbereitungen in den letzten Wochen fokussiert sich Volker Ziegler, der nach London und Rio de Janeiro nunmehr zu seinen dritten Paralympischen Spiele reist, auf die sportlichen Erfolge. Zwar geht er mitsamt seinem Trainerteam, darunter dem in Verbandskreisen bekannten Momcilo „Mozza“ Bojic, lediglich mit acht Athleten und Athletinnen zu den Spielen, allerdings haben diese durch die Bank gute Aussichten, im Tokyo Metropolitan Gymnasium um die Medaillen mitzuspielen. In diesem finden vom 25. August bis 3. September die Tischtennis-Wettbewerbe statt. „Natürlich wäre es schön gewesen, wenn sich noch der eine oder andere beim Qualifikationsturnier ein Ticket erspielt hätte“, sagt Ziegler. Zudem zerschlug sich die Hoffnung auf eine Wildcardvergabe für vier deutsche Spieler, für die ein Antrag gestellt wurde. Darunter Jochen Wollmert, der bereits drei Mal Gold bei den Paralympischen Spielen ergatterte. „Das kam etwas überraschend, weil die Signale der ITTF andere waren. Aber solche Entscheidungen, die von einem Gremium getroffen werden, sind immer eine Blackbox. Was hier den Ausschlag gegeben hat, ist von außen nicht nachvollziehbar“, muss sich Ziegler mit den Gegebenheiten abfinden.

Mit an Bord ist auf jeden Fall Rollstuhlspieler Thomas Brüchle (Tischtennis Frickenhausen), der bereits zwei Mal Mannschaftssilber bei den Paralympischen Spielen gewann. Um die Titel mitspielen dürften in Tokio unter anderem Brüchles teaminterner Konkurrent Thomas Schmidberger oder der Bochumer Valentin Baus, der auf Grund einer erblich bedingten Glasknochenkrankheit ebenfalls an den Rollstuhl gebunden ist. Baus gewann bereits in Rio die Silbermedaille im Einzel. Genauso wie die Berlinerin Stephanie Grebe, die mit einer Armprothese spielt. Liebend gerne würde sich die Brandenburgerin Juliane Wolf den Traum von einer Paralympischen Medaille erfüllen, nachdem sie 2016 in Brasilien im kleinen Finale um Bronze unterlag. „Wir haben acht sehr gute Spieler dabei und werden das Maximale unter den Bedingungen herausholen. Wie die Bedingungen genau sind, erfahren wir momentan von den Verantwortlichen des Deutschen Tischtennisbundes, die vor wenigen Tagen aus Tokio zurückgekehrt sind“, sagt Volker Ziegler, „die Olympischen Spiele waren sozusagen unser Testevent.“ 

Im Rahmen eines finalen Lehrgangs am Tischtennis-Bundesstützpunkt in Düsseldorf holte sich das paralympische Nationalteam zuletzt den letzten Feinschliff für die anstehenden Wettbewerbe in den unterschiedlichen Wettkampfklassen. Zehn Tage können die Protagonisten nun noch zuhause verbringen. „Zum Runterkommen“, so Ziegler. Mit insgesamt vier Coaches, einer Physiotherapeutin und einem Videoanalysten ist das Team Deutschland gut gewappnet für den knapp zweiwöchigen Turnierstress. Der durch die Corona-Situation nicht weniger wird. „Unsere Trainer und Akteure sind allesamt geimpft. Zwei Mal täglich werden vor Ort Tests gemacht und wir hoffen, dass wir reibungslos durch das Turnier geschleust werden“, sagt der Bundestrainer, der sich bewusst ist, dass im Falle eines positiven Tests das Turnier für den betroffenen Spieler gelaufen ist. „Da sind die Japaner natürlich humorlos. Mit dem Hintergrund von Corona und der Tatsache, dass wir vor leeren Rängen spielen, sind diese Spiele natürlich nicht das, was man von früheren Veranstaltungen kennt. Aber dennoch werden sie für alle am Ende etwas Unvergessliches darstellen. Klar ist aber auch: Bei allem sportlichen Ehrgeiz steht die Gesundheit der Teilnehmer an oberster Stelle.“

Bericht: Thomas Holzapfel       Foto: MaJo-Foto M. Ernst

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