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„Hongi“ Gotsch schlägt ein weiteres Kapitel in ihrer Tischtenniskarriere auf

Der Tischtennis-Ruhestand muss warten

Der Tischtennis-Ruhestand darf bei Qianhong Gotsch bekanntlich noch etwas warten, die 56-jährige Gärtringerin entschied sich im Frühjahr zu einem Wechsel zum SV DJK Kolbermoor, deutscher Mannschaftsmeister 2018 und in der vergangenen Saison Teilnehmer am Playoff-Viertelfinale. Dort kam das Aus gegen den TSV Dachau, der an diesem Samstag im Oberbayernderby der Auftaktgegner in der neuen Bundesligasaison ist.

Es ist ein neues Kapitel, das Qianhong Gotsch im bereits dicken Wälzer ihrer Tischtenniskarriere nun aufschlägt. „Ich freue mich auf die neue Aufgabe und das neue Umfeld und möchte versuchen, meinen Teil zum Erfolg des Vereins beizutragen“, sagt Gotsch, die mittlerweile auf über drei Jahrzehnte in der Ersten Bundesliga und mehr als 600 gewonnene Einzel zurückblickt. Fünf Jahre spielte sie erfolgreich beim TSV Betzingen, Tischtennisgeschichte schrieb sie aber vor allen Dingen bei der SV Böblingen, die mittlerweile keine Mannschaft mehr im Frauenbetrieb stellt.

Und nun also Kolbermoor. „Eigentlich dachte ich, ich könnte am hinteren Paarkreuz spielen“, sagt die Abwehrspielerin, „aber im Vergleich zu einigen meiner Kameradinnen weise ich eine höhere Zahl im Ranking auf, weshalb ich an Position zwei spiele.“ Die Nummer eins in Kolbermoor ist ihr nicht unbekannt, die 18-jährige Annett Kaufmann gab bereits vor Hongis Entscheidung den Wechsel von Böblingen bekannt. Den beiden Ex-Böblingerinnen stehen nun die Kroatin Hana Arapovic (ehemals ESV Weil), die Ägypterin Dina Meshref (ehemals TSV Langstadt), die frühere Nationalspielerin und mehrfache Team- und Doppel-Europameisterin Kristin Lang (39) sowie die Inderin Swastika Ghosh (21) und Eigengewächs Laura Tiefenbrunner (22) zur Seite.

„Die meisten Teamkolleginnen sind mir von zahlreichen Duellen aus der Vergangenheit nicht unbekannt“, sagt Qianhong Gotsch, „und bei den bisherigen Besuchen in Kolbermoor haben wir uns auch genauer kennengelernt.“ Diese fanden im April statt, wo es letzte Details zu klären gab und im Sommer, als es sich Kolbermoors Bürgermeister Peter Kloo nicht nehmen ließ, die Bundesligamannschaft im Rathaus zu empfangen. SV-Abteilungsleiter und Chefcoach Dr. Michael Fuchs ist sicher, dass sein neuformiertes Team mit den namhaften beiden Topspielerinnen aus Böblingen für ein gesteigertes Interesse in der lokalen Tischtennisszene sorgen dürfte. „Bei uns rechnen einige mit bis zu 400 Zuschauern“, sagt der Multifunktionär vor der Ligapremiere am Samstag.

Der Verein aus Kolbermoor ist selbstbewusst genug, um sich im Titelrennen als Hauptkonkurrent zu Serienmeister ttc berlin eastside zu positionieren. „Grundsätzlich wollen wir um die Titel mitreden und wir haben auch eine Mannschaft, die für jeden Gegner schwer zu spielen ist“, sagt Dr. Michael Fuchs, „wenn unsere jungen Spielerinnen in den entscheidenden Momenten auf ihrem Toplevel agieren können und die erfahrenen Spielerinnen entsprechend abgezockt sind, ist alles möglich. Auch ein Titel.“ In puncto Aufstellung wird man sich beim SV DJK regelmäßig bedeckt halten. Shootingstar Annett Kaufmann, die in der vergangenen Woche EM-Bronze im gemischten Doppel holte und deren Bekanntheitsgrad zuvor bei Olympia explosionsartig in die Höhe schnellte, wird sich zuweilen an den Turnierplänen der World Table Tennis-Organisation (WTT) orientieren müssen, die oftmals wenig Rücksicht auf den Bundesliga-Terminplan nimmt. Auch Qianhong

Gotsch hat – Stichwort Belastungssteuerung - nicht vor, alle Partien zu bestreiten. „Es gibt einen vertraulichen Einsatzplan, der den ersten Rahmen festlegt. Wer spielt, wird vorher nicht kommuniziert“, sagt Ehemann Ingo Gotsch.

Die Spielerinnen selbst sind unter der Woche in alle Richtungen verstreut, zu gemeinsamen Trainingseinheiten kommt man allerdings im Vorfeld eines Heimspiels zusammen. Annett Kaufmann und Qianhong Gotsch liegt es fern, allein nur bei den Spielen ihren Beitrag für den neuen Verein zu leisten. „Beides sind Teamplayer und auf Augenhöhe mit dem Umfeld, nicht zuletzt haben sie mit der SV Böblingen einem ebenso familiären Verein die Treue gehalten und waren auch immer nahbar“, sagt Ingo Gotsch. Und Dr. Michael Fuchs ergänzt: „Alle Spielerinnen werden bei uns in verschiedenen Vereinsaktivitäten eingebunden, zum Beispiel nehmen sie auch an der Jubiläumsfeier der Abteilung oder an der Jahreshauptversammlung teil. Am kommenden Wochenende werden Hongi und Ingo auch etwas früher anreisen, um mal beim Jugendtraining vorbeizuschauen.“ Bei allen Erfolgen, die Qianhong Gotsch bereits aufweisen kann – Europapokalsieger mit dem TSV Betzingen, Einzel-Europameisterin und Olympia-Viertelfinalistin -, würde der Gewinn eines deutschen Meistertitels die Krönung einer beispiellosen Tischtenniskarriere bedeuten. „Ja, das ist natürlich noch ein unerfüllter Traum“, gibt die 56-Jährige zu, „mit Böblingen und Betzingen habe ich es schon einmal ins Halbfinale geschafft, mit diesem Team in Kolbermoor ist die Chance unterm Strich aber am größten.“

Bericht: Thomas Holzapfel
Foto: Volker Arnold

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