Die Tischtennis-Weltmeisterschaften der Senioren, die am kommenden Wochenende erstmals als „ITTF World Masters Championships“ in Rom zur Austragung kommen, stellen ein Turnier von bislang nicht dagewesenem Ausmaß dar. Sage und schreibe 6 100 Spielerinnen und Spieler aus 100 Nationen – die Obergrenze der Anmeldungen war bereits im November vergangenen Jahres erreicht – ermitteln in zwei großen Messehallen in den zahlreichen Altersklassen ihre Titelträger. Zum Vergleich: Bei den letzten Weltmeisterschaften im Oman nahmen 1 600 Sportler teil. Durchaus rekordverdächtig ist auch das Engagement des SV Rohrau, der gleich mit zehn Akteuren an diesem internationalen Top-Event an den Start geht. Dabei wird weniger nach Medaillengewinnen geschaut, vielmehr geht es um das gemeinsame Erlebnis bei diesem Vereinsausflug der besonderen Art.
In welchen Dimensionen sich die Senioren-Weltmeisterschaften bewegen, wird an weiteren Zahlen deutlich. So stehen an den WM-Tagen in den vier großen Hallen des neuen „Rome Exhibition Centers“ auf einer Gesamtfläche von 37 000 Quadratmetern um die 250 Spieltische für Trainingseinheiten und die Wettkämpfe zur Verfügung. „Allein in meiner Altersklasse der 70- bis 74-jährigen sind 436 Spieler dabei“, sagt Bernd Weiss, „und selbst in der Klasse der über 90-jährigen sind es noch 21 Spieler.“
Wie einige andere Rohrauer wagt sich auch Bernd Weiss erstmals in seiner jahrzehntelangen Zeit als passionierter Tischtennisspieler auf internationales Parkett. „Ich habe sogar zwei Italienisch-Kurse an der Volkshochschule besucht“, berichtet er von einer akribischen Vorbereitung. Gemeinsam mit Vereinskollege Bernd Schäfer kümmerte sich Weiss im Vorfeld um einen Großteil der organisatorischen Belange im Zusammenhang mit dem Trip der Rohrauer Delegation. Unterstützung gab es im Vorfeld auch vom Club der Deutschen Tischtennissenioren, der sich seit über zwei Jahrzehnten auf die Fahne geschrieben hat, den deutschen Teilnehmern bei derartigen internationalen Großveranstaltungen in puncto Anmeldung, Unterkünfte und Ausstattung unter die Arme zu greifen. „Wir werden mit zehn Aktiven nach Rom fahren, eine elfte Akkreditierung gab es für Werner Gärtner, der verletzungsbedingt nicht mitspielen kann, uns aber in der Rolle als Vereinscoach wertvolle Dienste leistet“, erläutert Bernd Weiss.
Neben erfahrenen Turnierteilnehmern wie Horst Grünewald, Rainer Stolz, Andreas Vogel und Le Ai Trinh Tran freuen sich SV-Cracks wie Robert Romulewicz, Andreas Roller, Bernd Schäfer oder Abteilungsleiter Jochen Stoll auf ihre Premiere. „Das olympische Motto steht bei uns an oberster Stelle, wir wollen unser bestes geben und gemeinsam Spaß haben“, sagt Jochen Stoll, der gespannt ist, wie sich die „internationale Turnierluft“ anfühlt. Sportliche Ambitionen werden angesichts hochkarätiger Konkurrenz erst einmal hintenangestellt. „Für vordere Platzierungen wird es vermutlich nicht reichen, aber vielleicht gelingt ja der eine oder andere Sieg in den jeweiligen Vorrundengruppen“, sagt Andreas Roller, der sich im vergangenen Jahr mit dem Gedanken an eine erstmalige WM-Teilnahme anfreundete. „Bei uns in Rohrau befinden sich ja die meisten Aktiven im Seniorenalter und da wir uns alle auch privat gut verstehen, freuen wir uns jetzt auf diesen besonderen Vereinsausflug.“
Im Rahmen eines Freundschaftsspiels gegen den VfL Herrenberg und eines Einladungsturniers in Warmbronn bereiteten sich die Rohrauer Akteure zuletzt auf den Saisonhöhepunkt vor. „Ich bin gespannt, welches Spielniveau meine Gegner haben“, sagt Bernd Weiss, der es im Einzel in der Vorrunde mit Kontrahenten aus China, Hongkong und Frankreich zu tun bekommt. Um den Verein auf internationalem Parkett standesgemäß zu repräsentieren, kümmerte sich Weiss um ein kleines Präsent in Form einer Taschenlampe, die die Rohrauer ihren Gegnern und zuweilen zugelosten Partnern in der Doppel- und Mixedkonkurrenz überreichen werden.
Zur offiziellen Eröffnungsfeier am kommenden Sonntag werden die Rohrauer, die mit dem Flugzeug, dem Auto oder so wie Christiane Erbacher mit dem Camper-Mobil anreisen, vor Ort sein. Unabhängig vom individuellen sportlichen Abschneiden wird man bis zu den Finalspielen am darauffolgenden Wochenende in der italienischen Hauptstadt verweilen. „Es sind ja doch einige ehemalige Größen dabei, die wir gerne bestaunen“, meint Bernd Weiss und verweist auf die Teilnahme von deutschen Altmeistern wie Wilfried Lieck oder Zsolt-Georg Böhm. Auch Star-Pianist „Joja“ Wendt gibt sich die Ehre. Neben der Rohrauer Gruppe nehmen aus dem Tischtennisbezirk Böblingen noch weitere Routiniers wie Anka und Michael Mutke (TTV Gärtringen), Olaf Kath (VfL Oberjettingen) und Bezirksseniorenwart Gerd Arnold (SV Böblingen) teil.
Allein auf das Turnier wollen die Rohrauer Ballkünstler in den kommenden Tagen nicht ihren Fokus richten. „Natürlich werden wir auch die Stadt erkunden“, sagt Bernd Weiss. Gelegenheit dazu dürfte es am spielfreien Mittwoch geben. Oder an anderen Turniertagen, wo man sich – abhängig vom Zeitplan der Wettbewerbe – kurzfristig über gemeinsame Aktivitäten abstimmen wird. Mit Ausnahme von Globetrotter Horst Grünewald, der noch eine Anschlussreise an die Amalfiküste gebucht hat, werden die Rohrauer nach Turnierende vermutlich mit unzähligen Eindrücken im Gepäck wieder die Heimreise antreten. „Großen Respekt an die Rohrauer, die es als kleiner Verein schaffen, mit solch einer Vielzahl an Mitgliedern das WM-Abenteuer anzugehen“, sagt Gerd Arnold. „Ohne es im Detail überprüft zu haben, ist es kaum vorstellbar, dass irgendein anderer Verein in Deutschland in einer ähnlichen Größenordnung in Rom aufschlägt.“
Vom SV Rohrau gehen in Rom an den Start: Christiane Erbacher, Werner Gärtner (Coach), Horst Grünewald, Andreas Roller, Robert Romulewicz, Bernd Schäfer, Jochen Stoll, Rainer Stolz, Le Ai Trinh Tran, Andreas Vogel und Bernd Weiss.
Informationen zum Turnier gibt es im Internet unter https://rome2024.org/de/.
Bericht: Thomas Holzapfel
Fotos: SV Rohrau