Auch die Hintergrundgeräusche auf dem Pariser Bahnhof konnten am Montag im Telefonat mit Volker Ziegler nicht verbergen, dass die Zufriedenheit des Bundestrainers im Para-Tischtennis bis in den heimatlichen Kreis Böblingen überschwappt. Hinter Trainern, Spielern und weiteren Verantwortlichen liegen emotionale Paralympische Spiele, die – wie schon in Tokio vor drei Jahren – in den Gewinn von fünf glänzenden Medaillen mündeten. „Ich bin sehr zufrieden, es waren ganz tolle Spiele“, bringt es der 58-Jährige aus Lehenweiler auf den Punkt.
„Die Dramaturgie hätte besser nicht sein können“, ergänzt Ziegler. Am letzten Tag der Tischtenniswettbewerbe folgte die sportliche Krönung mit dem sehenswerten Erfolg von Sandra Mikolaschek. Die 27-jährige Rollstuhlspielerin aus Eisleben sorgte mit ihrem Viersatzsieg über die serbische Weltranglisten-Erste Borislava Peric-Rankov für den finalen Höhepunkt aus Sicht der deutschen Tischtennisspieler. Nach einem mutigen, unbekümmerten Auftritt sicherte sie ihrem Team die erste Goldmedaille. „Das war Tischtenniskunst statt Tischtennis-Arbeit“, resümierte Volker Ziegler, der das Finale gemeinsam mit 7 800 weiteren Zuschauern von der Tribüne aus verfolgte.
„Naturgemäß“, so meint Ziegler, „gibt es Höhen und Tiefen bei solch einer Großveranstaltung.“ Das Positive sei, dass im deutschen Kader andere in die Bresche springen, wenn es dem einen oder anderen nicht gelingt, den Erfolg der vorangegangenen Paralympics in Tokio zu wiederholen. „Das zeichnet ein Team aus und zeigt, dass wir breit aufgestellt sind und unser Erfolg nicht von einer oder zwei Personen abhängt.“ Der Chefcoach bezieht sich damit auf Valentin Baus und Stephanie Grebe, die es im Gegensatz zu Tokio diesmal im Einzel nicht aufs Podest schafften, aber mit Silber in den Doppelkonkurrenzen trotzdem nicht leer ausgingen. Erstmals in den Genuss einer Einzelmedaille kamen derweil Sandra Mikolaschek und Juliane Wolf. „Natürlich wäre insgesamt noch etwas mehr möglich gewesen, allerdings auch weniger“, bilanziert Volker Ziegler. Er dachte dabei an Thomas Rau, der gegen den Weltranglisten-Ersten aus China einen Matchball ausließ, auf der anderen Seite waren die Silbermedaillengewinner im Doppel, Valentin Baus und Thomas Schmidberger, in ihrem Viertelfinalspiel gegen das chinesische Doppel bereits „klinisch tot“.
Überhaupt konnte sich die Bilanz der Deutschen gegen Kontrahenten aus dem Reich der Mitte sehen lassen. „Ich kann mich nicht erinnern, dass wir schon mal eine solche gute Bilanz gegen China hatten“, sagt der Bundestrainer nach vier Siegen aus acht Vergleichen. Letzten Endes standen – genauso wie in Tokio – fünf Medaillengewinne für den Deutschen Behindertensportverband (DBS) zu Buche.
Im Vergleich zu Rio de Janeiro 2016 oder auch London vier Jahre zuvor seien die Pariser Spiele nun die Stimmungsvollsten gewesen. „Und zugleich auch die Unkompliziertesten“, fügt Volker Ziegler an. „Alles ging unaufgeregt über die Bühne und war professionell organisiert.“ Dass es ganz ohne Adrenalin nicht ging, ließen die Trainer an der Spielfeldumrandung kaum einmal durchblitzen, den Akteuren in der Box war derweil – verständlicherweise – die Nervosität vor großer Kulisse anzumerken. „Von unserem Teampsychologen, aber auch von außen erhielten wir Trainer das Feedback, dass wir eine ruhige, trotzdem engagierte Ausstrahlung hatten. Und das ist schließlich das, was man anstrebt.“ Überhaupt lässt Ziegler, der seit Februar 2013 im Bundestraineramt ist, nichts über die Übungsleiter kommen: „Die Zusammenarbeit mit Hannes Doesseler, Jugend-Bundestrainerin Ela Madejska und Mozza Bojic war perfekt.“ Der 52-jährige Momcilo „Mozza“ Bojic ist unter der Woche bei zahlreichen Vereinen auf hiesigem Verbandsgebiet im Einsatz, spielt selbst aktiv in der Verbandsliga beim SV Salamander Kornwestheim.
Beeindruckt zeigten sich die Trainer von der Stimmung in der Süd Paris Arena, die Teil eines der größten Ausstellungs- und Kongresszentren Europas ist. „Wir haben uns darauf so gut wie möglich vorbereitet, machten Trainingseinheiten mit entsprechenden Störgeräuschen“, sagt Volker Ziegler, „aber so richtig simulieren lassen sich knapp 8 000 Zuschauer natürlich nicht.“ Letzten Endes, so meint er, hatte man die Zuschauer oft auf der eigenen Seite. „Wenn es nicht gerade gegen Franzosen ging, war die Atmosphäre eher leistungssteigernd.“
Keine Zeitdifferenz, kein Jetlag, eine entsprechend bequeme An- und Abreise – in vielerlei Hinsicht waren die Begleitumstände in Paris optimal. „Auf Grund der relativ kurzen Entfernung waren jedoch auch Familienangehörige dabei, die durchaus ihre Ansprüche stellten und aus organisatorischer Sicht ein klein wenig für Unruhe sorgten, so dass die Akteure zuweilen etwas Schwierigkeiten hatten, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren. Aber diese Thematik haben wir in den ersten Tagen recht schnell eingefangen bekommen.“
Wettkampfsport
Das deutsche Para Tischtennis-Team kommt mit fünf Medaillen aus Paris zurück
Durchweg positive Bilanz von Bundestrainer Volker Ziegler